Der eigentliche
‚Gründungsvater‘ des unterfränkischen Karate war Arthur Hisatake (1926-1972). Er war ein
Nachkomme einer alten japanischen Samuraifamilie, die
nach Hawaii ausgewandert war.
Mit 20 Jahren begann er mit
Karate, während er noch in der US-Army war. Seine
Lehrer waren Bobby Lowe (1929-2011)
in Hawaii und Masutatsu Oyama
(1923-1994), der Begründer des Kyokushinkai-Stils in
Japan.
1962 kam Arthur Hisatake als US-Soldat
nach Schweinfurt, wo er die Karate-Abteilung in der Turngemeinde Schweinfurt
mitaufbaute. Er hatte damals den 3. Dan und erhielt zwei Jahre später, während
eines Aufenthaltes in Hawaii den 4. Dan
in der Stilrichtung Kyokushinkai. Unter seiner
Leitung errang die Turngemeinde Schweinfurt bei den ersten offiziellen
Deutschen Karate Meisterschaften (ausgerichtet in Schweinfurt) 1966 den
Mannschaftstitel.
Im selben Jahr wurde Arthur Hisatake
als Nr. 1 ins Deutsche Dan Kollegium der Sektion Karate im Judo-Bund
aufgenommen.
1968 erwarb Arthur Hisatake die Internationale
Kampfrichterlizenz und galt bald als der beste Kampfrichter in der European
Karate Union (EKU). Ein Jahr später legte er seine Prüfung zum 5. Dan bei Masutatsu Oyama und Jan Bluming ab, der
auch von der DDK anerkannt wurde.
Nach Arthur Hisatakes Tod (1972) wurde noch mehrere Jahre lang zu
seinen Ehren und Gedenken der Hisatake-Pokal
ausgerichtet. Wichtig für die Entwicklung des Frauenkarate wurde Gudrun Hisatake, die Arthur Hisatakes
Schülerin war und später auch seine Ehefrau wurde.
Gudrun Hisatake (geborene Schmitt) machte 1967 ihren 1. Dan mit drei
weiteren Karatekas zusammen – sie war damit eine der ersten Schwarzgurte Deutschlands! Mit ihrem Mann Arthur Hisatake baute sie in München beim MTV 1879 das Karate auf. Als 1966 die Sektion Karate im Deutsche
Judo-Bund gegründet wurde, war Gudrun Hisatake die erste Präsidentin. Zwei Jahre später
machte sie ihren 2. Dan und bestand auch als einzige Frau die Prüfung zum internationalen Kampfrichter.
1970 absolvierte sie die
Prüfung zum 3. Dan. Als Arthur Hisatake 1972 starb, versuchte sie seinen vorgelebten Weg
des Karate an ihre Schüler weiterzugeben. 1978 begann Gudrun Hisatake an der Volkshochschule Neubiberg
Karate zu lehren. Aus dieser Gruppe ging dann die Karate-Abteilung der SpVgg Höhenkirchen
hervor, mit der sie kontinuierlich höchste Erfolge aufwies.
1984 macht sie die Prüfung
zum 5. Dan: in ganz Europa lebte
keine Frau mit einer höheren Dan-Graduierung in Karate. Gudrun Hisatake erwarb 1998 die Welt-Kampfrichterlizenz (als zweite Frau überhaupt). Neben ihrer
Trainer- und Prüfertätigkeit war sie bis 2009 als Weltkampfrichterin tätig und
nimmt verschiedene Funktionen in Verbänden wahr.
Die Karateabteilung der SpVgg Höhenkirchen heißt übrigens immer noch Hisatake Do und ist immer noch sehr aktiv!
Eine der wichtigsten Pioniere nicht nur für unsere
Karate-Abteilung, sondern auch für das Karate in Bayern überhaupt war Dr. Peter Langer (1947-2001).
Peter Langer begann mit 16
Jahren Karate in der TG Schweinfurt
und trainierte dort unter Arthur Hisatake. Zum Studium (Chemie) zog er nach Würzburg und
trat dort in die ein Jahr zuvor gegründete Abteilung Karate der TGW ein.
1969, mit nur 22 Jahren,
machte er seinen 1. Dan und war von 1970 zehn Jahre lang der Dōjō-Leiter der Karate-Abteilung. In dieser
Zeit war die Wettkampfmannschaft sehr erfolgreich und konnte viele Siege
einheimsen, während das Dōjō auch viele
Lehrgänge und Meisterschaften ausrichtete.
1971 legte er die Prüfung für
den 2. Dan ab, machte 1974 seinen 3. Dan und 1975 wurde Peter Langer der 5. Dan verliehen.
Peter Langer nahm außerdem
1966 und 19667 an den Europameisterschaften
teil und war von 1970-1972 Mitglied der Nationalmannschaft. Er war u.a. fünffacher Bayerischer
Meister, siegte 1971 im Mittelgewicht und Allkategorie und 1975 im
Mittelgewicht.
Daneben übernahm Peter Langer
das Amt des 1. Vorsitzenden des
Landesverbandes Bayern in der damaligen Sektion im Deutschen Judo-Bund.
Nach der Trennung der Sektion Karate im Jahr 1976 und der Gründung eines
eigenen Karate-Verbandes wurde er auch da 1. Vorsitzender. 1977-79 leistete
Peter Langer Vorarbeiten zur Zusammenführung der großen Karate-Verbände in
Bayern, des BKU und des BKV, wobei diese Bemühungen erst 1981 zum Erfolg
führten.
Auf der Landesebene
erstellte Peter Langer zwischen 1969-1980 mit dem heutigen Geschäftsführer
des Bayerischen Karate-Bundes Peter Förster fast alle Satzungen und Ordnungen
für den Sportbetrieb, baute mit ihm auch das Prüfungswesen in Bayern auf und
war zusätzlich noch als Landes- und Bundeskampfrichter tätig. Bereits 1974
führte er in der BKU die Ausbildung zum Übungsleiter Karate ein. Außerdem war
er von 1970 bis 1972 Mitglied der Nationalmannschaft der DKU.
Peter Langer war nicht nur
Pionier in Sachen Karate in Deutschland, sondern war auch ein echter Sensei
im besten Sinne des Wortes, der keinen Wert darauf legte, sich von seinen
Schülern hofieren und applaudieren zu lassen, sondern der sich im Zweifelsfall
voll und ganz für sie einsetzte und ihre Partei ergriff.
Der französische Kampfsportexperte Sensei Roland Habersetzer, einer der europäischen Pioniere des Budō, hatte und hat einen großen Einfluss auf unseren
Cheftrainer Franz und natürlich auch das ganze Dōjō.
Schon mit 15
Jahren begann er mit Judo und Ju-Jutsu und stieg dann auf Karate um, das er
bei Henri Plée (1923-2014) lernte, im ‚Ur-Dōjō‘ Frankreichs in der Rue de la Montagne de Sainte Geneviève. Mit
bereits 19 Jahren wurde Sensei Habersetzer einer der ersten Schwarzgurte
Frankreichs!
Sein Wissen und sein Können
erweiterte er durch zahlreiche Besuche in China und Japan und durch
Eigenstudium. Er lernte und übte Shōtōkan-
und Wado-Ryū-Karate,
Tai Chi im Yang-Stil und Kobudō. Sein eigenes Dōjō
in Straßburg hatte er von 1962-2002.
Zunehmend enttäuscht von der Entwicklung des
Sportkarate, ging Sensei Habersetzer zurück zu den
‚Wurzeln des Karate‘ und gründete deswegen 1974 den Centre de Recherche Budò (CRB). 1995 ergänzte
er den CRB durch das Institut Tengu, auch ‚Tengu-no-michi‘ oder
‚Tengu-Ryū‘ genannt.
Im Rahmen dieser Idee
konzipierte Sensei Habersetzer ein modernes und effektives System der
Selbstverteidigung, das nicht nur mit den Mittlen
des Karate, sondern auch mit Holzwaffen (Bokken, Tanbō) und mit modernen Schusswaffen (Hojutsu) arbeitet. Diese Selbstverteidigung
basiert auf einer strengen Ethik: ‚hinein wie ein Tier, heraus wie ein Mensch‘.
Im April 2006 wurde Sensei Habersetzer für den von ihm geschaffenen Stil Tengu-no-michi von O-Sensei Ōgura Tsuneyoshi zum 9. Dan (hanshi) mit dem Titel eines Sōke (Gründungsmeister) ernannt. Das wurde auch von Ōtsuka Tadahiko vom Gojukensha in Tokyo anerkannt!
Im Laufe seiner langen Budō-Karriere hielt Sōke
Habersetzer nicht nur unzählige Lehrgänge, sondern verfasste mehr als 60 (!) Bücher über Kampfkunst, zahllose
Artikel und sogar einige Romane. Besondere Erwähnung verdient die Encyclopédie des Arts Martiaux
de l’Extrème-Orient, die im Herbst 2019 auch
als überarbeitete deutsche Fassung erscheint und die Sōke
Habersetzer zusammen mit seiner Frau Gabrielle veröffentlichte und die die weltweit
beste Enzyklopädie dieser Art ist.